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Von Jutta Biener-Drews
Eberbach. Die Zeiten, da “jeder morgens aufstehen, ins Rathaus gehen und eine Hundeschule anmelden konnte”, sind seit 1. August vorbei (siehe Hintergrund). Paragraf 11 des novellierten Tierschutzgesetzes schiebt dieser Praxis jetzt einen Riegel vor und verlangt von jedem, der gewerblich mit Hunden arbeitet, eine behördliche Genehmigung mit Sachkundenachweis. Was seitens der einschlägigen Berufsverbände als “Qualitätssprung” freudig begrüßt wird. Im Raum Eberbach-Schönbrunn gehen bzw. gingen bis vor kurzem noch vier Hundetrainer diesem Gewerbe nach.
Unseren Fragen, was die neue Gesetzeslage für sie bedeutet und was sie davon halten, stellten sich zwei: Doris Bermich und Anette Schneider. Eine Schule hatte den Betrieb offenbar schon eingestellt, eine weitere ließ es mit der Kontaktaufnahme bewenden.
Auch bei Bermich und Schneider, beide schon viele Jahre im Geschäft, fiel die Resonanz auf die Neuerung grundsätzlich positiv aus. Allerdings sei die praktische Umsetzung noch undurchsichtig. Bestätigung für diese Einschätzung gab es aus dem Landratsamt Rhein-Neckar, dessen Veterinäramt im Raum Eberbach für die Genehmigungen zuständig ist: “Wir befinden uns hier noch in einer Übergangszeit”. Warum die Tierschutzvereine diesem Aspekt des Tierschutzes eigentlich kaum Beachtung schenken, beantworteten uns Claudia Henn und Susanne Noll vom TSV.
Gut an der neuen Regelung findet Bermich, dass jetzt nicht mehr “jeder, der drei Bücher über Hunde gelesen hat, diesen Beruf ausüben kann”. Die Waldbrunnerin hat sich vor zehn Jahren mit “Faires Hundetraining” selbstständig gemacht und legt in ihrer Tätigkeit größten Wert auf Qualifikation und gewissenhafte Weiterbildung, wie sie sagt. Schon um ihrem Berufsverband anzugehören, sei ein solcher Nachweis alle drei Jahre für sie Pflicht, so die Hundetrainerin.
Auch die studierte Verhaltensbiologin Anette Schneider ist aufgrund eigener hoher Ansprüche an diese Tätigkeit und der zahlreichen Qualifikationen, die sie sich als Betreiberin der Hundeschule “Wetnose” in zwölf Jahren erworben hat, für die Gesetzesnovelle. Sorgen um den Fortbestand ihrer Einrichtungen müssen sich also beide nicht machen.
Ein Dorn im Auge ist Schneider indes die Tatsache, dass diese Novelle “von oben nach unten durchgedrückt wurde” und jetzt in der Praxis keiner wisse, was weiter passiert. Schneider, die hier für Hundetrainer in ganz Deutschland spricht: “Es hat uns alle ein bisschen aufgeregt”. Wer prüft, was wird geprüft und wie soll die erforderliche Qualifikation überhaupt aussehen? Entscheidende Fragen, die für Eberbachs Hundetrainerinnen noch im Raum stehen. Bermich: “Die Veterinär-Ämter schwimmen”. Und Schneider kritisch: “Wie können Veterinär-Mediziner uns überhaupt prüfen? Das sind doch keine Verhaltensbiologen”.
“Grundsätzlich ist für die Veterinär-Verwaltung das Erlaubnis-Verfahren gemäß Tierschutzgesetz eine seit langem geübte Praxis”, heißt es dazu aus dem Landratsamt. Entsprechend werde auch in Bezug auf Hundeschulen vorgegangen. Inzwischen lägen in dieser Ländersache aber auch entsprechende Anweisungen des Ministeriums Ländlicher Raum vor. Die Nachprüfung der für den Umgang mit Hunden nötigen Sachkunde ist noch problematisch, wie Sprecherin Silke Hartmann erläutert. Wer schon vor dem Stichtag erfolgreich eine Hundeschule geführt hat, soll dies aber bis zur Bearbeitung seines Erlaubnis-Antrags auch weiterhin tun dürfen: für maximal sechs Monate.
Dass für die Zulassung möglicherweise saftige Gebühren anfallen – von zwischen 200 und 1000 Euro ist die Rede -, fände Doris Bermich “ungerecht. Wir haben doch schon investiert ohne Ende”. Für die Tierschützerinnen Claudia Henn und Susanne Noll ein eher vernachlässigbarer Einwand, da auch für den Umgang mit Tieren auf Vereinsebene kostenpflichtige Sachkundenachweise verlangt würden. Obwohl beide die Erweiterung des Paragrafen 11 gut finden, hätten sie dringlicheren Handlungsbedarf an anderer Stelle gesehen: beim vielfach brutalen Umgang mit Nutztieren. “Hundeschulen sind nur ein ganz kleiner Unterpunkt des Tierschutzgesetzes”.
In der Erziehung der Vierbeiner Gewalt gegen sie anzuwenden, verbietet sich im Übrigen für alle Gesprächsteilnehmerinnen. Doch sind auch allen “schwarze Schafe” bekannt, die so vorgehen.
Rhein-Neckar-Zeitung, Sommer 2014